Kinder lernen vielfältig!
Lernräume und Lernsituationen von Kindern können ganz unterschiedlich aussehen. Wie wichtig das Lernen in und mit der Natur ist, zeigen viele Studien und auch viele populäre Bücher, wie zum Beispiel «The Last Child in the Woods, von Richard Louv, greifen dieses Thema auf. Kinder haben heute viel seltener die Möglichkeit sich in der Natur zu bewegen und sich mit ihr auseinander zu setzen. Kinder sind unsere Zukunft und ihre Erfahrungen beeinflussen ihr Handeln als zukünftige Erwachsene. Deshalb sollte es uns ein Anliegen sein ihnen schon früh einen wertschätzenden Umgang mit der Natur und alles Lebewesen zu vermitteln.
Ich möchte dazu hier nun drei ganz unterschiedliche Praxisbeispiele aus Österreich, Deutschland und der Schweiz vorstellen.
Lernen am Hof (A)
Im südlichen Niederösterreich, in Gerasdorf am Steinfeld, liegt der 7 Zwetschken Hof. Dieser Hof ist ein Lernort für Kinder und Erwachsene. Edina und Josef Camus leben mit ihren drei Töchtern am Hof und sind der Meinung, dass es neue Wege des Lernens braucht, um die frühen Bildungsjahre der Kinder zu begleiten und auch die Lern- und Lebenslust der Erwachsenen wiederzubeleben. Mithilfe eines Crowdfundings konnte ein Montessori-Kinderhaus am Hof gebaut werden. Maria Montessori schreibt in ihrer Pädagogik von der «Kosmischen Erziehung» – jedes Lebewesen hat seinen Platz in unserem Kosmos und damit verbunden auch eine Verantwortung den anderen gegenüber. Die Permakultur und die Montessori Pädagogik können sich in vielerlei Hinsicht gegenseitig ergänzen und befruchten.
Die Kinder haben am Hof täglich die Möglichkeit sich in Tätigkeiten zu vertiefen und ungestört zu arbeiten. Sie bekommen aber auch Aufgaben, an denen sie wachsen können – ihnen wird etwas zugetraut. Die Kinder lernen mit und von der Natur. Am Bauernhof werden die Tiere gefüttert, die Ziegen gemolken, Eier eingesammelt. In der ersten Jahreshälfte werden Gemüsepflanzen vorgezogen und in der zweiten gibt es Obst zu ernten und zu verarbeiten. Der Jahreskreislauf der Natur wird mit allen Sinnen wahrgenommen.
Zusätzlich wird Mehrsprachigkeit (Italienisch, Französisch, Englisch) in den Tagesablauf eingebaut und auch Musik darf im Kinderhaus nicht fehlen. Frei nach dem Permakultur-Prinzip «Nutze und schätze die Vielfalt». Das nächste große Ziel ist eine Montessori-Schule am Hof. Außerdem ist der 7 Zwetschken Hof fixer Bestandteil der Exkursionen im Zuge des Permakultur-Zertifikatskurses von Permakultur Austria.
Nähere Informationen auf: https://www.7zwetschkenhof.at
Lernen im Schulgarten (CH)
Lernen findet nicht nur im Schulgebäude statt. Neue Lernorte außerhalb der Schule können eine ganz neue Lernfreude und Motivation wecken.
Im Stadtgebiet Wädenswil am Zürichsee dominierten monotone Grünflächen, insbesondere in Schulen. Der Außenraum wurde nicht als Lernort genutzt. Das wollte Projektkoordinator Lothar Schroeder ändern und einen Schulgarten an der Schule Untermosen in Wädenswil gestalten.
Lehrpersonen und Schüler*innen gestalteten ihre Lernorte gemeinsam mit Hauswarten und Verantwortlichen für den Grünunterhalt. Es wurden Kleinstrukturen, wie zum Beispiel Naschhecken angelegt, um mehr Biodiversität zu fördern oder es wurden Rasenflächen zu Gartenbeeten umfunktioniert. Der neue Lernort lädt zum Beobachten, Handeln und Verstehen ein. So können verschiedene Lehrplan-Themen im Lernort Garten unterrichtet werden. Von Volumenberechnungen (Wieviel Erde brauche ich für ein Gefäss?) über Vokabeln (Was heißt Kartoffel auf Englisch?) bis hin zu Mikroorganismen im Komposthaufen lassen sich viele Möglichkeiten in verschiedenen Fächern finden.
Durch die Umnutzung des Aussenraums als „Lernort“ entstanden vielfältigere Lebensräume, wie beispielsweise Wildhecken mit Beerenfrüchten, die den Schüler*innen und Vögeln schmecken und zudem weniger Aufwand, wie Rasenmähen, für die Stadt bedeuten. Diese sind auch für die Anwohner zugänglich und eröffnen gemeinsame Projekte im Quartier. Außerdem teilen engagierte Personen ihr Permakultur Wissen und ihre Erfahrungen. Bei der Schneckenproblematik im Schulgarten wurden zum Beispiel Schneckenbarrieren aus Holzbrettern errichtet. Außerdem wurden die Anordnung der Beete so verändert, dass man das Gefälle nutzen konnte und durch Swales eine bessere Bewässerung und Bodenfeuchtigkeit erreichte.
Bedenken von Lehrpersonen zur komplexen Organisation waren am Anfang vorhanden, wurden aber durch Kommunikation und kreative Ideen zerstreut. Das Netzwerken und Integrieren von interessierten Akteuren innerhalb und ausserhalb der Schulen in einer Arbeitsgruppe ist entscheidend. Die verantwortlichen Lehrpersonen und die Schulleitung beschliessen zu Beginn für die Arbeitsgruppe ein jährliches Budget für Kosten in Gartenwerkzeuge, etc. und Arbeitszeit in denen die verantwortlichen Lehrpersonen alle Akteure koordinieren und das Programm mit Aktionen auch für die Eltern und Anwohner weiterentwickeln können. Damit lassen sie im ganzen Stadtgebiet, in den verschiedenen Quartieren, vielfältige Lernorte entstehen.
Nähere Informationen bei Projektkoordinator Lothar Schroeder: lschroeder@swissonline.ch
Lernen mit Permi (D)
Medien, wie Bücher und Videos können unsere Lernprozesse unterstützen und anregen.
Der gemeinnützige Verein Permakultur-Niederrhein e.V. startete das Projekt „Permakultur-Kids“ um Kindern Permakultur näher zu bringen.
Christopher Henrichs (Sustainable Agriculture B.Sc.) und Ulrike Kleinmanns (Arts Therapie B.A.) entwickelten die Figur Permi. Mit den Geschichten rund um diese Figur lernen die Permakultur-Kids, wie bedeutsam faires Teilen und ein achtsamer Umgang mit der Erde sowie den Mitmenschen ist. Die Comic-Figur Permi erläutert spielerisch, wie wichtig es ist, die natürlichen Ressourcen zu erhalten, Abfälle zu reduzieren und Kreisläufe zu schließen. Mit Fundstücken aus der Natur stellen die kleinen Forscher, bei Workshops, unter Anderem besondere Spiele, Lebensmittel oder Farben her.
Mit der Figur Permi wurden einige Videos erstellt, die sich zum Beispiel mit dem Permakultur Prinzip «Das Problem ist die Lösung» beschäftigen.
Das Interesse ist groß. Der Verein wurde mit Permi und seinen Workshops, Wissens- und Naturentdeckerspielen schon zu verschiedenen Aktionslaboren, Nachhaltigkeitsmärkten und zu Workshops in Schulen eingeladen.
Im Moment arbeiten sie am „Permi-Buch“, welches Kindern mit liebevollen Zeichnungen, einfacher Sprache und praktischen Übungen die Permakultur näher bringt. Das Buch richtet sich insbesondere an Kinder im Grundschulalter (ca. 6-12 Jahre). Eine „Permi-Handpuppe“ ist in Planung.
Auf www.permakultur-kids.de kann man einen ersten Eindruck gewinnen. Infos über die anderen Aktivitäten des Vereins unter www.permakultur-niederrhein.de.
Doch auch abseits größerer Projekte kann jeder, der mit Kindern lebt und arbeitet mit ihnen gemeinsam Natur erleben und erfahren. Vielfältige Materialien dazu bietet beispielsweise der Naturschutzbund Deutschland www.nabu.de oder auch die Bücher von Joseph Cornell.
Mehr zum Thema Schulgarten (auch Studien und Literatur) findet man auf www.naturimgarten.at